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Der Stein, der zum Bumerang wird

Blog, Wie ist Gott?

Im Input "Steine oder Gnade?" gibt es eine Referenz zu dem Gesetz des Mose. Was heißt das?

Das Gesetz des Mose, das wir im Alten Testament lesen können, war wie eine Richtschnur, die durch Gott gegeben wurde, um den Menschen ihre Fehler, Sünden und Verdorbenheit aufzuzeigen. Als Jesus jedoch einmal gefragt wird, welches Gebot denn das wichtigste von allen sei, antwortet Jesus: „Liebe den Herrn, deinen Gott, von ganzem Herzen, mit ganzer Seele, mit ganzem Verstand und mit all deiner Kraft. An zweiter Stelle steht: Liebe deinen Nächsten wie dich selbst“ (Markus 12,30-31).

Und Paulus schreibt in seinem Brief an die Galater: „Denn das ganze Gesetz ist erfüllt, wenn ihr das eine Gebot haltet: Liebe deinen Nächsten wie dich selbst!“ (5,14)

Die Botschaft ist deutlich: Menschen sollen geliebt, aber nicht missbraucht werden. Aber schon in den Tagen Jesu wurden Menschen missbraucht, um selbstsüchtige Ziele zu erreichen. In dem Bericht über die Ehebrecherin in Johannes 8, sehen wir, was passiert, wenn die jüdischen Führer bereit sind zuzusehen, dass eine Frau getötet wird, nur damit sie Jesus eine Falle stellen können. Dennoch sollten wir nicht zu vorschnell urteilen. Wie auch im Input erwähnt, haben die Pharisäer zwar meist in der Bibel einen schlechten Ruf, aber sie waren die, denen das Leben mit Gott sehr wichtig war. Und unter den Pharisäern gab es „solche und solche“, so wie es leider auch bei Christen „solche und solche“ gibt. Also, ehe wir zu schnell mit dem Finger auf jemanden zeigen, lieber mal an die eigene Nase fassen.

Egal, wo Menschen zusammenkommen - die Gefahr des Missbrauchs ist immer mit dabei. Besonders traurig ist es, wenn ich einen anderen Menschen benutze, um selbst besser dazustehen. Oder wenn ich einen Menschen benutze, um zu zeigen: Der da ist richtig mies.

Genau das tun die Pharisäer in diesem Bibeltext. Sie selbst wollen als die Korrekten dastehen und Jesus in eine Falle locken. Und er steckt menschlich gesehen wirklich in einem Dilemma:

1. Er könnte sich natürlich gemeinsam mit den Pharisäern auf die Seite des Gesetzes stellen. Das Dilemma? Im Römischen Reich durfte nur die römische Regierung (Johannes 18,31) die Todesstrafe vollstrecken. Wenn Jesus den Tod der Frau anordnet, verstößt er gegen römisches Recht und kann den römischen Behörden für seine eigene Hinrichtung übergeben werden. Außerdem würde er wohl viele Sympathien verlieren (unsere vermutlich auch).

2. Er könnte natürlich auch Erbarmen und Mitleid mit der schuldigen Frau zeigen und verlangen, dass sie freigelassen wird. Das Dilemma in diesem Fall? Er verstößt er gegen das Wort Gottes und das Gesetz des Mose.

Egal, wie er sich entscheiden würde, er hätte entweder ein Problem mit dem jüdischen Volk oder mit der römischen Regierung. Ach, und übrigens: Richtig zitieren konnten (oder wollten) die Pharisäer auch nicht, denn im Gesetz Mose steht nicht: „Solche Frauen sind zu steinigen.“ Dort heißt es: Bei Ehebruch sind beide dran (3. Mose 20,10). Fragt sich nur, wo der dazugehörige Mann abgeblieben war?!

Und so sagt Jesus erst einmal gar nichts ... er bückt sich und schreibt im Sand. Was? Wir wissen es nicht. Und plötzlich dann diese Worte: „Wer unter euch ohne Sünde ist, der werfe den ersten Stein!“ Jesus verhandelt nicht den Fall dieser Frau, sondern den Fall der Ankläger, der Rechthaber. Den Fall derjenigen, die meinen, dass sie mit dem lieben Gott schon im Reinen sind. Und was tun sie? Einer nach dem anderen lässt seinen Stein fallen und geht.

 Und nun macht Jesus deutlich, wie Recht und Gnade zusammenpassen: Jesus sagt zu der Frau: „Auch ich verurteile dich nicht. Geh hin und sündige nicht mehr.“ Er bestätigt also, dass ihre Tat falsch war, dass sie eine Sünde begangen hat. Achten wir darauf, dass Jesus den Anklägern nicht gesagt hat: „Das Gebot Gottes gilt nicht mehr. Packt eure Steine ein.“ Vielmehr sagt er genau das Gegenteil: „Na los, setzt es um. Werft den Stein eures Urteils.“ Jesus hebt das Gebot Gottes nicht auf, er verschärft es. Und so hält er den Anklägern, dem Volk und auch jedem von uns einen Spiegel vor. Im Brief des Paulus an die Römer lesen wir: „Hier ist keiner, der gerecht ist, auch nicht einer“ (Römer 3,12). Jeder geworfene Stein wird somit zum Bumerang, der uns selbst trifft. Niemand kann und darf das abschließende Urteil über einen anderen Menschen sprechen. Dieses Recht hat nur Gott!

Jesus nimmt die schuldig gewordenen Menschen an und wertschätzt sie. Das ist die Gnade des Evangeliums. Diese Gnade trägt die Strafe des Gesetzes und macht uns frei zu einem neuen Leben, in dem wir Jesus nachfolgen.

Lasst uns also nicht mit unserer Schuld und Sünde weglaufen, wie es die Pharisäer und Angehörigen aus dem Volk taten, oder versuchen, sie zu verstecken. Gehen wir doch damit zu Jesus. Dafür ist er gestorben. Für meine und deine Schuld und Unzulänglichkeiten. Und dann wird er auch uns sagen: „Dir sind deine Sünden vergeben. Geh hin und sündige nicht mehr.“

Den vollständigen Bericht über die Ehebrecherin könnt ihr in Johannes 8,2-11 lesen.

 

Daniela Bernhardt-Lohfink

 

Dieser Artikel ist eine Vertiefung zu dem Video "Steine oder Gnade? | Wie ist Jesus?".

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